Die Corona-Krise scheint abzuklingen – und schon reißen am Arbeitsmarkt alte Lücken wieder auf. Der ungedeckte Bedarf der Unternehmen an Fachkräften in technischen Berufen wächst kräftig. Nach dem Konjunkturabsturz von 2020 bewegt sich sein Ausmaß inzwischen wieder auf den längerfristigen Durchschnitt der Vorkrisenjahre zu.
Obendrein steuert die Industrie nun auf zwei verschärfende Entwicklungen zu: Digitalisierung und neue Klimaziele heizen ihren Fachkräftebedarf weiter an, zugleich aber bremst der demographische Wandel das Personalangebot. Das zeigt eine neue Bedarfsanalyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der F.A.Z. vorab vorliegt.
Über alle Fachkräfteberufe in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik („Mint“) hinweg hatte die rechnerische Fachkräftelücke demnach im September nur noch eine Größe von 49 Prozent ihres langjährigen Durchschnittswerts. Bis April aber wuchs sie schon wieder auf 68 Prozent. Und in den Berufen für Hochschulabsolventen sowie für IT-Fachleute hatte die rechnerische Lücke im April ihre langfristige Durchschnittsgröße sogar schon fast wieder erreicht. Bei der Studie handelt es um den „Mint-Report“, den das Kölner Institut halbjährlich im Auftrag großer Arbeitgeber- und Industrieverbände erstellt.
Dies unterstreicht auch eine aktuelle Kurzstudie
Das aktuelle Ausmaß der Lücke rechnen die Forscher anhand amtlicher Arbeitsmarktdaten hoch. Demnach hatten die Unternehmen im April insgesamt 360.000 Stellen in diesen Berufsfeldern zu besetzen. Ihnen standen dort insgesamt 228.000 Arbeitslose gegenüber. Da aber nicht jeder der Arbeitslosen für jede der offenen Stellen qualifiziert ist, fällt die tatsächliche Lücke größer aus als die Differenz zwischen diesen beiden Zahlen. Vor diesem Hintergrund ermittelte das IW eine Lücke von 145.000 fehlenden Fachkräften im April; das waren fast 40.000 mehr als im September.
Jenseits des aktuellen Konjunkturhorizonts ist der absehbare Personalmangel in diesen Berufen aber noch größer: Während von den insgesamt 12 Millionen Mint-Facharbeitern und -Akademikern bis 2030 jährlich mehr als 330.000 altershalber ausscheiden, könnte die jährliche Zahl der Berufseinsteiger – soweit sie derzeit absehbar ist – nicht einmal diesen Ersatzbedarf decken. Zugleich deutet aber viel darauf hin, dass die Unternehmen in erheblichem Umfang zusätzliches Fachpersonal benötigen, um die Umbrüche hin zu digitalisierten und zugleich klimaschonenden Produktionsabläufen zu bewältigen.
Dies unterstreicht auch eine aktuelle Kurzstudie, welche die Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben hatte. Sie kam zum Ergebnis, dass schon 2030 fast 450.000 Fachkräfte allein dafür benötigt würden, den hochgerechneten Investitionsbedarf für eine klimaneutrale Neuaufstellung der großen Wirtschaftssektoren umzusetzen. Die Grünen planen daher, für Arbeitnehmer neue Rechtsansprüche auf Qualifizierung während des laufenden Arbeitsvertrags einzuführen. Das IW rät indes vor allem dazu, in den Schulen die digitale Ausstattung sowie die Vermittlung technischer Kompetenzen zu verbessern, damit Jugendliche leichter den Weg in diese Berufe finden.
Artikel von & Weiterlesen ( Fachkräftemangel kehrt in verschärfter Form zurück - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung )https://ift.tt/3oZjTs3
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